Whataboutismus ist eine rhetorische Taktik, die darauf abzielt, Kritik oder Argumente zu entkräften, indem man auf ein anderes, ähnliches Thema verweist und die ursprüngliche Kritik ins Leere laufen lässt. Der Begriff leitet sich vom englischen „What about…“ ab, was so viel bedeutet wie „Aber was ist mit…“. Diese Technik wird von vielen Kommunikationstrainern gelehrt und findet häufig in politischen Debatten Anwendung, um von unbequemen Fragen abzulenken und die Aufmerksamkeit auf die Schwächen oder Verfehlungen des Gegners zu lenken.
Welchen Ursprung hat der Whataboutismus?
Der Whataboutismus hat seine Wurzeln im Kalten Krieg, insbesondere in der Propaganda der Sowjetunion. Wenn westliche Kritiker auf Menschenrechtsverletzungen oder andere Missstände in der Sowjetunion hinwiesen, reagierten sowjetische Sprecher oft mit der Gegenfrage: „Aber was ist mit den Rassendiskriminierungen in den USA?“ Diese Strategie relativierte die Kritik und verteidigte die eigene Position, ohne direkt auf die Anschuldigungen einzugehen.
Wie wird er in der Gegenwart angewendet?
Heute findet der Whataboutismus nicht nur in der Politik, sondern auch in der Geschäftswelt Anwendung. Manager und Führungskräfte nutzen diese Taktik, um von eigenen Fehlleistungen, Vorwürfen oder kontroversen Entscheidungen wegzuführen. Wenn beispielsweise ein Unternehmen wegen umweltschädlicher Praktiken kritisiert wird, könnte ein Manager antworten: „Aber was ist mit unseren Konkurrenten, die viel schlimmer sind?“ Diese Argumentationsweise lenkt die Aufmerksamkeit von den eigenen Verfehlungen ab und stößt eine Diskussion über die Wettbewerber an.
Wie wird Whataboutismus in der Wirtschaftswelt genutzt?
Für Manager kann der Whataboutismus eine nützliche Methode sein, um in kritischen Situationen die Oberhand zu behalten. Um diese Technik erfolgreich einzusetzen, sollten einige Punkte beachtet werden:
1. Der Whataboutismus sollte sorgfältig und bedacht eingesetzt werden, um nicht als billige Ablenkung oder Schuldeingeständnis wahrgenommen zu werden. Das Timing und der Kontext der Diskussion sind entscheidend, um glaubwürdig zu bleiben.
2. Der Vergleich sollte für die Zuhörer nachvollziehbar und relevant sein. Ein schlecht gewählter Vergleich kann die Glaubwürdigkeit des Sprechers untergraben und die ursprüngliche Kritik verstärken.
3. Ständiger Einsatz des Whataboutismus führt dazu, dass diese Technik durchschaut und abgelehnt wird. Sie sollte sparsam und gezielt eingesetzt werden, um ihre Wirkung nicht zu verlieren.
4. Auch wenn der Whataboutismus eine Ablenkungsstrategie ist, sollten die vorgebrachten Vergleiche auf belastbaren Fakten basieren, um nicht den Eindruck von Desinformation zu erwecken.
Welche kritischen Aspekte hat der Whataboutismus?
Obwohl der Whataboutismus kurzfristig effektiv sein kann, birgt er langfristig Risiken. Als regelmäßig genutzte Taktik untergräbt er das Vertrauen in die Führung, da er den Eindruck erweckt, dass Kritik nicht ernst genommen wird. Zudem schädigt er die Glaubwürdigkeit des Sprechers, wenn die Zuhörer die Strategie durchschauen. Daher sollten Manager den Whataboutismus möglichst selten einsetzen und sich ernsthaft mit der ursprünglichen Kritik auseinandersetzen.
Es stehen eine ganze Reihe weiterer und größtenteils besser geeigneter rhetorischer Taktiken zur Verfügung, um sich als Sprecher und Interviewpartner von unliebsamen Fragestellungen und Vorhaltungen zu befreien. Es empfiehlt sich, diese Argumentationsmodelle im Rahmen eines Kommunikationstrainings zu erlernen und praktisch einzuüben, so dass sie der Führungskraft im Gesprächsverlauf jederzeit zur Verfügung stehen.
Fazit
Whataboutismus ist eine mächtige, aber auch heikle rhetorische Taktik, die sowohl in der Politik als auch im Management Anwendung findet. Ihr Erfolg hängt von geschickter und bedachter Nutzung ab. Manager müssen sich der Risiken bewusst sein und diese Technik gezielt und sparsam einsetzen, um nicht ihre eigene Glaubwürdigkeit zu gefährden. Letztlich entscheidet die Balance zwischen gezielter Ablenkung und ehrlicher Auseinandersetzung über den Erfolg des Whataboutismus. Manager, die sich kontroversen Fragestellungen ausgesetzt sehen und souverän auftreten wollen, sollten weitere rhetorische Taktiken beherrschen, um von schwierigen Fragen wegzuführen.