Geäußerter Kritik offen und konstruktiv zu begegnen, fällt uns meistens schwer. Oft werden eher negative Gefühle berührt, was oft auch mit der Art und Weise der vorgetragenen Äußerung zu tun hat. In anderen Fällen reagieren wir mit einem allzu bereitwilligen Schuldeingeständnis oder blasen zum unmittelbaren Gegenangriff, um den Kritiker mit aller Macht in die Schranken zu weisen. Mit solchen Verhaltensweisen erheben wir uns gegenüber unserem Gesprächspartner oder machen uns unnötig klein. Wertvolle Inhalte und Hinweise kritischer Feedbacks bleiben uns so verborgen.
Was entgeht uns durch spontane Abgrenzung?
Gerade im Berufsleben wird Kritik oft automatisch als Abwertung empfunden, die aus einer Konkurrenzsituation oder einem Machtverhalten heraus motiviert ist. Reagieren wir mit Distanzierung auf jede Art von kritischem Feedback hat das oft zur Folge, dass sich Mitarbeiter und Kollegen in Zukunft zurückhalten und kritische Beobachtungen fortan hinter dem Rücken der Person austauschen. Die konstruktiven Anteile einer kritischen Äußerung zu untersuchen und für das eigene Wachstum zu nutzen, signalisiert dagegen Bereitschaft, das eigene Verhalten zu überprüfen und den Beobachtungen anderer Raum zu geben. Dem Kritisierten wird damit auch eine wertvolle Gelegenheit gegeben, sein Selbst- und Fremdbild ab- und anzugleichen.
Zu einer grundsätzlich offenen Gesprächshaltung gegenüber kritischen Feedbacks gehören drei wichtige Regeln, die zur Deeskalation beitragen und dem Gesprächspartner signalisieren, dass sein Anliegen ernst genommen wird: 1. Zuhören. 2. Zuhören. 3. Zuhören. Zuhören bedeutet allerdings nicht augenblicklich, dass jeder Inhalt vorbehaltlos entgegengenommen und akzeptiert werden muss. Es ist aber eine Gesprächshaltung, die sich souverän dem reaktiven Instinkt, sofort zurückzuschlagen, widersetzt und so verhindert, dass der Konflikt auf der Beziehungsebene und nicht mehr auf der Sachebene „gelöst“ wird.
Warum ist aktives Zuhören wichtig?
Wer Kritik empfängt, sollte das Gehörte in Ruhe prüfen und schauen, was ihm davon nützlich ist. Das Wiederholen der zentralen kritischen Aussagen des Gesprächspartners hilft, die eigenen Gedanken zu ordnen und demjenigen zu signalisieren, dass er verstanden wurde. Dieses sogenannte “Aktive Zuhören” als wichtigste Grundregel trägt auch dazu bei, zu verstehen, was ein nachvollziehbarer oder nützlicher Anteil der geäußerten Kritik ist und was auf Projektionen, Entwertungen oder falschen Informationen basiert. Letzteres kann klar zurückgewiesen werden, falls es die Situation erfordert – aber möglichst erst dann, nachdem die bedenkenswerten Aspekte offen benannt wurden.
Meisterschaft ist erreicht, wenn in der Folge eines Gesprächs Vereinbarungen oder Absprachen getroffen werden, um einen Konflikt in Zukunft zu vermeiden und sich die Gesprächspartner zu einem späteren Zeitpunkt Rückmeldung geben und gemeinsam Bilanz ziehen. Im Rahmen professioneller Kommunikationstrainings für Führungskräfte werden Aktives Zuhören und eine aktiv gelebte Feedback-Kultur vermittelt und eingeübt, so dass diese Techniken zu einem wesentlichen Bestandteil der persönlichen Management-Toolbox werden.